Main-Paddeln: Aktive Entspannung
- 04. August 2021, 10:00 Uhr
- Von Jennifer Thiem
- Lesedauer: 5 min
Eigentlich wollte ich meinen Urlaub in den Bergen verbringen, doch der Wettergott hat es anders gewollt. Also beschloss ich bei bestem Wetter im Frankenland endlich mein Vorhaben „Main-Paddeln“ in die Tat umzusetzen. Nach einem regenreichen Sommer passt der Pegelstand, Begleiter hab‘ ich auch – braucht‘s nur noch ein Kanu. Doch zum Glück finde ich schnell Abhilfe und das Abenteuer kann beginnen. Lest mehr, was euch auf dem Main erwartet.
Ich war schon Paddeln in Finnland, den Masuren und im Chiemgau, doch bisher noch nie auf dem Main. Fast schon peinlich… Doch ganz ehrlich: die letzten Jahre hat mir der Pegelstand auf dem Main immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Schließlich wollte ich den Main von seiner „wilden“ Seite kennenlernen. Was es damit auf sich hat und worauf ihr beim Wasserwandern auf dem Main achten müsst, verrate ich euch hier.
Der Pegelstand
Die meisten wissen: Bei Hochwasser sollten Flüsse nicht befahren werden, denn sie können zu unberechenbaren, reißenden Strömen werden. Doch beim Paddeln auf dem oberen Main solltet ihr der Natur zuliebe zugleich den Mindest-Pegelstand beachten. Dieser liegt bei 2,20 m am Messpunkt in Kemmern und 1,65 m weiter mainaufwärts in Schwürbitz. Diese „Grenze“ ist eine Selbstverpflichtung zum Schutze der re-naturierten Abschnitte im Main. Hier fließt der Main wieder „wild“ und die Natur kann sich den Flusslauf ungehindert zurückerobern.
Zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt setzen sich die Kanu-Verleiher am Obermain gemeinsam mit den Akteuren vom „Flussparadies Franken“ für natur-verträgliches Kanuwandern ein. Helfe deshalb auch du mit und beachte die folgenden Hinweise: Pegelstand, markierte Ein- und Ausstiegsstellen, Biotope, maximale Personenzahl und Ruhezeiten für die Tiere. Größere Gruppen und Raftingboote müssen sich vorher im Landratsamt Lichtenfels oder Bamberg anmelden.
TIPP: Im aufgestauten Flussbereich zwischen Michelau i. Ofr. und Hausen spielt der Pegelstand keine Rolle und ihr könnt jederzeit in beide Richtungen fahren. Nur um die Wehre müsst ihr das Kanu tragen. Mehr Infos gibt‘s im Faltblatt.
Schlauchboot, Kajak, Kanadier oder SUP?
Leider besitze ich kein eigenes Wassergefährt. Doch dank unserer zahlreichen Kanu-Verleiher ist das kein Problem. Oder doch? Die meisten Verleih-Stationen bieten einen Rück-Transport zum Einstiegsort an und betreiben den Kanu-Verleih als Nebengeschäft. Daher ist es sinnvoll, zeitig anzufragen und euch ggf. mit anderen zusammen zu tun, damit der Transport sich lohnt. Auf der Obermain-Jura-Seite erfahrt ihr mehr zu den Verleihern der Region.
Einige Verleih-Stationen bieten mehrere Kanu-Varianten an – am gängigsten ist der Kanadier. Warum? „Weil wir Kanu-Vermieter davon überzeugt sind, dass dies die beste Variante ist, um den Main zu befahren“, verrät mir Martin Lüders von der Freizeit GmbH, die zusätzlich SUPs zum Verleih anbietet. Für meine erste Tour auf dem Main, hielten wir uns an Martin‘s Rat und haben uns die entsprechende Ausrüstung von ihm geliehen: Kanadier inkl. Paddel, Schwimmweste und eine wasserfeste Tonne für Dinge, die nicht nass werden sollen. Dazu bekommen wir eine Einweisung mit Hinweisen auf Gefahrenstellen und zum Schutze der Natur :-) Gut gerüstet kann‘s dann losgehen!
Infrastruktur auf und am Wasser
Wir haben Glück und können die natürliche Seite des Mains entdecken. Deshalb steigen wir bei Hausen in unseren Kanadier. Kaum treiben wir auf dem Wasser, überkommt mich ein unglaubliches Gefühl von Entspannung. Wow, welch eine Ruhe auf dem Main herrscht! Und all dieses Grün um uns herum – ich bin begeistert. Auch die beiden Kajakfahrer, die uns überhohlen, wirken sehr relaxed. Die beiden Mainwanderer haben noch einiges vor: bis nach Aschaffenburg geht die Reise. Unterwegs übernachten sie auf Zeltplätzen direkt am Main. Das nenn‘ ich mal aktive Entspannung. Dank der Seite zum Wasserwanderweg Main lässt sich eine Kanu-Wander- Tour gut planen. Zusätzlich hilft die Beschilderung der „gelben Welle“ die Ein- und Ausstiege am Ufer gut zu erkennen. So können auch wir als Main-Neulinge beruhigt den Main entlang paddeln.
Action und Ruhe
Nur „treiben lassen“ ist auf dem Main allerdings nicht angesagt. Tatsächlich müssen wir zwischendurch immer wieder die Paddel einsetzen. Manchmal dümpelt der Main so vor sich hin, dass wir gefühlt kaum vom Fleck kommen. An anderen Stellen heißt es kräftig rudern, um nicht unwillentlich in die Büsche am Ufer zu treiben. Doch genau das bringt Abwechslung auf unserer Tour: ein bisschen Ruhe, zum Beobachten und Genießen der Natur, dazu kurze actionreiche Passagen mit Stromschnellen. Zum Pausieren haben wir den See bei Wiesen gewählt: hier gibt‘s eine Trockentoilette, Picknickbank und Bademöglichkeit. Perfekt, um die Beine zu vertreten.
Auf unserem Weg bis nach Zapfendorf begegnen wir neben dem Eisvogel ganz unerwartet auch Ziegen am Uferrand. Sie sind in der Nähe von Unterbrunn als Landschaftspfleger im Einsatz. In diesem Bereich wurde in den letzten Jahren besonders viel umgestaltet, um den Fluss wieder seinem natürlichen Lauf zu überlassen. Gelungen, finde ich. Denn hier ist der Main wunderschön und zugleich im weiteren Verlauf ziemlich „wild“. Die Zeit auf dem Main vergeht für uns wie im Flug und kurz vor Zapfendorf rufen wir schweren Herzens Martin für unseren Rücktransport an. Überraschend steht kurz nach unserer Anlandung plötzlich ein junger Mann vor uns: „Ich bin ein Kollege von Martin, hab‘ euch gesehen und nehm euch mit.“ Er kommt von Rosis Bootladen und erklärt: „Als kleine Kanu-Verleiher helfen wir uns gegenseitig.“ Super, dass die Verleiher und Akteure hier Hand in Hand zusammenarbeiten. Das sorgt sogar am Main-Ufer für entspannte Stimmung. So geht für uns ein rundum gelungener Urlaubs-Nachmittag in der Heimat zu Ende.
So eine Fahrt auf dem Main kann ich uneingeschränkt empfehlen. Deshalb ist schon beschlossen, dass wir diese Tour in der Mädelsrunde wiederholen. Die Kanus für die Tour haben wir bei unserer Teamkollegin von Albatros-Kanu-Verleih sicherheitshalber schon reserviert :-) Damit kann unserem nächsten Urlaubstag fast nichts mehr im Wege stehen.
Entspanntes Mainpaddeln wünsch ich euch!
Bildmaterial © Jennifer Thiem