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Exen, Seil und Lagerbier
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Exen, Seil und Lagerbier

Der Nördliche Frankenjura ist das größte zusammenhängende Klettergebiet Europas. Mehr als 10 000 Routen sind an den Felsformationen kartiert. In der Obermainregion gibt es Routen fast aller Schwierigkeitsgrade an 100 Felsen.

„Ich denk an Männer“, „Hund von Welt“, „Für Bibbi“ oder „Flurschadengarantie“. Die kryptischen Bezeichnungen benamen alle verschiedene Kletterrouten an der Steinfelder Wand. Mit 17 Metern Höhe ist die Felsformation, am Anfang des Wiesenttals, gleich neben der Bundesstraße 22, weithin sichtbar. An vielen Tagen im Jahr zieht die Steinfelder Wand Kletterer und die Blicke der Vorbeifahrenden auf sich. 19 verschiedene Routen gibt es an diesem Naturdenkmal aus Kalkstein. Die Mehrzahl liegt im mittleren Schwierigkeitsbereich von VI. Am Wandfuß, in verschiedenen Höhen oder schon an der Spitze angekommen, sind die Sportkletterer zu sehen, manche quietschebunt gekleidet. Bei warmer Witterung geht es schon mal mit freiem Oberkörper die Wand hinauf.

Wenige Schritte weiter, von der Steinfelder Wand entfernt, erheben sich in Sichtweite der kleinen namensgebenden Ortschaft Steinfeld der Steinfelder Turm und die Hintere Steinfelder Wand.

Stefan, Marius und Flo sind aus Bamberg in die „Fränkische“ gekommen, um einige Routen an der Steinfelder Wand zu klettern. Am Turm nebenan arbeiten sich Hans-Peter und Veronika aus Oberbayern die Wand aus fränkischem Löcherkalk hinauf. Während er vorsteigt, das Seil in die Fixhaken einhängt, sichert Veronika ihren Freund.

An den mehr als 1000 Felsformationen des Nördlichen Frankenjuras sind in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten mehr als 10 000 Routen für Sportkletterer kartiert worden. Allein im Kleinziegenfelder Tal, zwischen Stadelhofen und Weismain, drängen sich rechts und links des Talgrundes 20 Felsen, die mehrere hundert Routen für die Kletterer bieten. Die Parkmöglichkeiten sind an den Wochenenden schnell belegt. Der Nördliche Frankenjura gilt als das größte zusammenhängende Klettergebiet Europas.

Allein für das Bamberger Gebiet im Nördlichen Frankenjura, das in Teilen zur Tourismusregion Obermain.Jura zählt, listet die Felsinfo des Deutschen Alpenvereins (DAV) etwas mehr als 100 Kletterfelsen auf, und an jedem Felsen detailliert die verschiedenen Routen. Das Felsinformationssystem des DAV hält darüber hinaus Informationen zur Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, der Felsbeschaffenheit, Beschränkungen, Schwierigkeitsgrade und vieles mehr bereit. Auch die aktuell gültigen Kletterkonzepte und Einschränkungen, etwa wegen der Vogelbrut oder wegen des Naturschutzes, sind auf der Homepage vermerkt. Darüber hinaus haben die Seilschaften in der Regel stets einen der vielen gedruckten Kletterführer zur Hand. Seile, Magnesiabeutel, Kletterschuhe, die allgegenwärtigen Expressschlingen, kurz Exen, liegen an den Einstiegen der Routen.

Etwa zwölf Kilometer von Bad Staffelstein entfernt ist der Kemitzenstein beim Naturfreundehaus nahe Kümmersreuth zu finden. Das rund 80 Meter breite Felsmassiv bietet 22 Routen, die meisten im Schwierigkeitsgrad VI, sechs Routen im Schwierigkeitsgrad VII. Am Staffelberg sind die meisten Felsen zum Klettern gesperrt, allerdings gibt es für 16 Routen eine Ausnahmeregelung. 20 Kletterfelsen gibt es allein im nördlichen Kleinziegenfelder Tal gleich hinter Weismann. „Hexenkessel“, „Uhustein“, „Mosenberger Wände“, „Suttenstein“ und „Teufelwand“ oder „Kleinziegenfelder Wacht“, „Rote Wand“, „Rolandfels“, „Roter Mönch“ und „Diebesloch“ heißen die Wände.

Der Frankenjura gilt als eines der besten Klettergebiete der Welt. Dort zu klettern, an den steilen und griffigen Kalkfelsen, ist eine besondere Erfahrung, sind sich die Kraxler aus der Republik einig. Durch Auswaschungen entstanden an den fränkischen Kalkfelsen zahllose Tritte und Griffe. Durch die kurzen Wege zu den Felsen und die naturgemäß nicht so langen Routen, sind Gefahren wesentlich geringer als z.B. in den Alpen. Setzt Regen ein, sind der Wandfuß, das Auto und im besten Fall eine nahe Gastwirtschaft mit einem süffigen hausgebrauten Lagerbier und einer Brotzeit schnell erreicht. Besonders die bodenständige Gastronomie mit ihren günstigen Preisen schätzen die Sportkletterer.

Schon während der Schulzeit begann Christian Luplow aus Bamberg und heute Mitarbeiter der Umweltstation Weismain im Kleinziegenfelder Tal zu klettern. „Dieses Sportklettern sozusagen vor der Haustür ist eine eigene und vor allem andere Disziplin als das alpine Klettern.“ Ziel sei es, eine Tour an einem Stück zu bewältigen, ohne die Sicherungskette zu belasten. „Erst dann gilt die Route als geklettert und wird ins Tourenbuch eingetragen.“ Kletterkonzepte regeln das Miteinander von Kletterer und Natur. Der Deutsche Alpenverein arbeitet im Frankenjura Hand in Hand mit der vor einigen Jahren entstandenen IG Klettern. Felssperrungen und Kletterverbote, etwa aus Gründen des Naturschutzes, werden ernst genommen und eingehalten. Christian Luplow: „Hier gibt es auf jeden Fall eine Ethik.“

Nachdem Hans-Peter das Dach des Steinfelder Turms erreicht und für einen sicheren Stand gesorgt hat, schlüpft Veronika unten in die engen Reibungskletterschuhe. Gesichert am Seil zieht sie sich von Griff zu Griff, schiebt den Körper, eng an die Wand gepresst, von Tritt zu Tritt hinauf und ist wenige Minuten später an der Kante und kurz darauf verschwunden.

Alle Informationen zum Thema Klettern finden Sie auf der    Themenseite von Obermain.Jura
Aktuelle Informationen, z.B. zum Thema Felssperrungen, finden Sie auf den Seiten der    IG Klettern

Kletterkonzepte im Frankenjura


Die über 1000 bekletterten Felsen des Nördlichen Frankenjuras sind ein empfindlicher Naturraum. Freiwillige Vereinbarungen, die 14 sogenannten Kletterkonzeptionen, lenken den Klettersport in naturverträgliche Bahnen. Dazu haben Naturschutzbehörden und -organisationen, der Deutsche Alpenverein und die IG Klettern alle Felsen begutachtet und in drei Zonen unterschiedlicher Nutzung eingeteilt. Brüten Uhu oder Wanderfalke, werden die Felsen befristet gesperrt.

IG Klettern


Der Ursprung der IG Klettern liegt in der Fränkischen Schweiz. 1989 sollte der bei Kletterern beliebte Röthelfels gesperrt werden. Die lokalen Kletterer wurden aktiv und konnten schon bald eine Freigabe des Röthelfelses erreichen. Um von solchen Sperrungen nicht mehr unvorbereitet getroffen zu werden, gründeten die fränkischen Kletterer die Interessensgemeinschaft Klettern Frankenjura (die sich heute IG Klettern Frankenjura, Fichtelgebirge und Bayerischer Wald nennt).

In den folgenden Jahren wurde in Baden-Württemberg der Verbotsnaturschutz vorangetrieben und so gründeten sich zwei Jahre nach der IG Klettern Frankenjura vier weitere Interessengemeinschaften.

1991 erfolgte der Zusammenschluss im Bundesverband IG Klettern.

Bildmaterial © Christoph Winter

Christoph Winter
Christoph Winter

Jg. 1962, ist freiberuflicher Journalist in Coburg. Mehr als 30 Jahre schrieb und fotografierte er für eine Tageszeitung. „Wenn an einem Kirchturm ein Baugerüst oder Kran steht, zieht mich das mitsamt der Kamera an.“