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Ein Denkmal zum Ruhen und Feiern
Ein Denkmal zum Ruhen und Feiern
Ein Denkmal zum Ruhen und Feiern
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Ein Denkmal zum Ruhen und Feiern

Ein Denkmal zum Ruhen und Feiern

„Konsequent regional“ ist der Slogan von Stefan Schneider. Er betreibt in Mürsbach den Goldenen Adler, den er zuerst einmal vor dem Verfall retten musste.

Eine Klarinette tönt aus dem Innenhof, begleitet von einem Kontrabass und einem Akkordeon. „Wir haben heute eine geschlossene Gesellschaft zu einem runden Geburtstag bei uns“, erzählt Stefan Schneider. Er hat zusammen mit seiner Frau Andrea den „Feiler-Hof“ vor dem Verfall gerettet. „Wir haben schon immer ein Faible für alte Häuser. Dass es dieser Hof wird und wir heute den Goldenen Adler betreiben, ist schon ein Stück weit Zufall.“

Noch zur Jahrtausendwende lebte und arbeitete hier Johann Feiler. Ein Landwirt, Brauer, Brenner und Gastwirt. Er ist Stefan Schneider über 30 Jahre hinweg ans Herz gewachsen: „Er hatte zehn Kühe, fünf Ferkel, brannte Schnaps – und hat hier gelebt wie 1935.“ Neuerungen gab es keine. Keines der vier Kinder wollte das verfallene Anwesen und den abgewirtschafteten Betrieb übernehmen. „Für mich war es eine innere Verpflichtung Johann Feiler gegenüber, eine Verantwortung für die Geschichte, das hier weiterzuführen“, sagt Schneider heute. Er sitzt im Biergarten unter Obstbäumen, viele kleine Inseln mit Tischen und Stühlen verteilen sich in dem alten Bauerngarten. Er hat einen Spielplatz für Kinder angelegt, ein Stück weiter hinten scharren Hühner in einem Gehege, ein Kräutergarten schließt das Gelände zum Itzgrund hin ab. „Klar könnten wir hier noch mehr Tische und Bänke unterbringen und alles vollstellen. Aber das wollen wir nicht. Es soll ein ruhiger Garten sein, in dem es viele Ecken gibt, in die man sich zu dritt oder zu viert zurückziehen kann“, erzählt Schneider.

Der Zuspruch seiner Gäste bestärkt ihn in seinem Weg. Langsam, aber stetig kommen mehr Radler, die den Itzgrund entlang fahren und machen bei ihm Rast. „Es ist kein Vergleich zum Maintal, die Banzer Berge sind wie eine Mauer“, beschreibt er die touristische Situation. Die Gäste kommen aus der Region, schätzen das Konzept der Schneiders: konsequent regional.

Auf der Speisekarte stehen bei jedem Gericht die Zulieferer von Fisch und Fleisch, das Eis wie das Bier kommen aus der Region. „Wir kochen einfach alles selber. Wir machen die Bratkartoffeln selbst, Soßen gibt es ohne Binder, wir bieten immer auch vegane und vegetarische Gerichte an. Wild, Schaf, Ziege oder Lamm kommen aus der Region“, erzählt der Denkmalbesitzer und Gastwirt Schneider. Er hat einen Koch gefunden, der diese Ideen für ihn umsetzt.

Schneider erzählt, wie er sich auch um Details kümmert. Das Fleisch vom Bauern nebenan zu beziehen sei ja noch vergleichsweise leicht, aber wie sieht es mit Öl zum Anbraten aus? Auch da hakt Schneider konsequent in der Region nach. Sein Sonnenblumenöl bezieht er aus Kitzingen. Zweimal jährlich fährt er zur Erzeugergemeinschaft Kitzingen und deckt seinen Bedarf mit großen Kanistern.

Die Musiker im Innenhof haben inzwischen zum Tanz aufgerufen. Die Feiernden stellen sich in zwei Zweierreihen auf und folgen den Tanzanweisungen. Nebenbei präpariert der Koch schon einmal den Grill für das Abendessen. Es soll Fisch geben – natürlich von einem regionalen Teichwirt. Ein Teil der Gäste ist bei den Schneiders untergebracht, denn sie vermieten Zimmer und eine große Ferienwohnung, in der bis zu acht Personen schlafen können. Sie liegt direkt über der historischen Wirtsstube, die in den Wintermonaten der Kern des Betriebs ist. Der Kachelofen steht noch genau so da wie früher. Das Herz der Denkmalpfleger schlägt höher, wenn sie das renovierte Anwesen sehen. „Es haben uns damals auch viele Stellen geholfen, dieses riesige Projekt zu schultern“, erinnert sich Stefan Schneider an die Planungs- und Bauphase zwischen 2003 und 2006. So hat es dann der Goldene Adler in Mürsbach auch in das Buch „Genuss mit Geschichte“ geschafft. Bayernweit hat Autor Karl Gattinger vom Landesamt für Denkmalpflege nach Wirtshäusern in historischen Gebäuden gesucht. In Mürsbach zählt dazu nicht nur die Gaststube, sondern auch der alte Tanzsaal. Hier ist Platz für rund 80 Leute, der Tanzboden ist noch aus den originalen Dielen, Tische und Stühle haben schon erlebt, wie sich die Paare, die heute goldene Hochzeit feiern, frisch verliebt zur Musik drehten.

„Unsere Gäste schätzen, dass wir authentisch sind und nicht jedem Trend hinterherlaufen“, sagt Schneider. Dazu zählt auch, wie der Familienbetrieb wirtschaftlich zu betreiben ist. Die Schneiders haben sich für einen Mix entschieden. Stefan Schneider arbeitet noch in Teilzeit, von Donnerstag bis Sonntag ist das Gasthaus geöffnet. „Warum machen denn so viele Wirte ständig auf und wieder zu?“, fragt er. „Weil es schwer ist, von der Gastronomie allein zu leben.“ Auch in dieser Hinsicht ist er konsequent. Schneider sucht nach Möglichkeiten und Konstrukten, wie es eben doch geht. Wie es geht, ein so großes Anwesen zu sanieren. Wie es geht, im ruhigen Itzgrund in einem kleinen Dorf ein Wirtshaus zu betreiben. Wie es geht, konsequent regional zu sein. Die Denkmalpfleger und seine Gäste danken es ihm.

Mehr Informationen zum Goldenen Adler finden unter:   goldener-adler.info
Die Tourismusregion lädt zu zahlreichen Einkehrmöglichkeiten ein:   Biergärten der Region Obermain.Jura

Goldener Adler Mürsbach


Am Marktplatz 10 u. 12
96179 Mürsbach
gasthof@goldener-adler.info

Telefon, während der Öffnungszeiten:
0 95 33 / 98 22 00

Telefon, wenn der Goldene Adler geschlossen hat:
0 95 47 / 64 59

Öffnungszeiten:
Donnerstag ab 16 Uhr
Freitag ab 16 Uhr
Samstag ab 15 Uhr
Sonn- & Feiertag ab 10 Uhr

Buchtipp


Genuss mit Geschichte:
Einkehr in bayerischen Denkmälern - Gasthöfe, Wirtshäuser und Weinstuben
von Karl Gattinger
Volk Verlag | Gebundene Ausgabe 19,90 €

Bildmaterial © Tim Birkner, Stefan Schneider

Tim Birkner
Tim Birkner

Tim Birkner lebt und arbeitet als freier Journalist und Tonmeister in Lichtenfels. Die Geschichten und Momente, die Menschen prägen, möchte er in Wort, Bild und Ton festhalten.