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Die eigene Ernte auf dem Markt
Die eigene Ernte auf dem Markt
Die eigene Ernte auf dem Markt

Die eigene Ernte auf dem Markt

Die Apfelmärkte in Kümmel und Romansthal, Stublang und Weismain sind inzwischen Besuchermagneten geworden. Die Dorfgemeinschaften entwickeln ihre Konzepte zwar immer weiter, doch ein Grundsatz bleibt: Verkauft wird nur, was auch vor Ort wächst oder entsteht.

Wenn mehr als 2000 Besucher nach Kümmel kommen, dann ist in dem Dorf mit 43 Einwohnern Apfelmarkt. „Wir machen das seit über 20 Jahren. Wie sich das entwickelt hat, ist schon unglaublich“, erzählt Elvira Hornung, die von Anfang an dabei war. Sie ist Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins, bei ihr laufen die Fäden für die Großveranstaltung zusammen. „Zu uns kommen Besucher aus Erlangen, Nürnberg oder München, die extra für den Apfelmarkt anreisen“, sagt Hornung. Zeitgleich findet auch der Apfelmarkt in Romansthal statt.

Kreisgartenfachberater Michael Stromer sieht diese Märkte als Erfolgsmodell: „Sie zeigen auch, wie wir unsere Landschaft pflegen und prägen – und dabei auch Nutzen daraus ziehen.“ Verkauft wird auf den Märkten das, was die Einwohner selbst anbauen, zubereiten oder handwerklich herstellen. „Ganz bewusst sollen keine Händler von außerhalb bei uns verkaufen, auch das große Essen steht nicht im Mittelpunkt“, zählt Hornung die Besonderheiten auf. Dafür gibt es Kartoffeln und Nüsse, alles was man aus Obst machen kann wie Sirup, Likör oder Marmelade. Zehn bis zwölf Stände werden es in diesem Jahr in Kümmel sein. Die Bewohner des Dorfes sind beinahe das ganze Jahr mit dem Markt beschäftigt. „Ich selbst mache gerne etwas aus Wildobst – was eben nicht jeder hat“, sagt Hornung und erklärt, wie das alles zu schaffen ist. Die Oma hilft beim Putzen der Hagebutten oder Beeren. In anderen Häusern entstehen gefilzte Hausschuhe oder kleine Kunstobjekte für den Garten. Jeder im Dorf muss Kuchen backen, um die Gäste zu bewirten.

Wie das geht, daran feilt die Dorfgemeinschaft immer wieder, schließlich will niemand ewig auf seinen Kaffee oder sein Kuchenstück warten. Die Abläufe werden im Dorf besprochen und geprobt. Manchmal prallen dabei auch unterschiedliche Konzepte aufeinander. Doch am Ende gibt es eine Lösung. „Alle müssen an dem Tag mit ran, auch die Verwandten, die nicht mehr in Kümmel wohnen“, sagt die Organisatorin. In der Woche vorher herrscht Hochspannung. Jeder möchte es so gut machen, wie es nur irgendwie geht.

„Die Apfelmärkte stiften auch Identität. Das stärkt die Dorfgemeinschaft ungemein“, sagt Michael Stromer. Kein Wunder, dass Kümmel daher auch beim Kreisentscheid des Wettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft – unser Dorf soll schöner werden“ im Juni 2016 den ersten Preis gewonnen hat.

Auch das lockt die Besucher: Die Gastgeber in Kümmel öffnen ihre Höfe und ihre Gärten für die Besucher. Sie können zum Bienenhaus oder den Enten schauen, sie können einen Blick in die Gemüsegärten werfen und sich an den Blumenbeeten freuen: „Die Leute sollen sehen, dass Liebe in dem steckt, was wir produzieren. Die Kinder können mal eine echte Kuh sehen – das alles ist nicht mehr selbstverständlich“, sagt Hornung.

In Romansthal bietet der Obst und Gartenbauverein eine Obstausstellung: „Die Leute kommen mit Äpfeln aus ihrem Garten und wollen wissen: Wie heißt mein Apfel überhaupt?“, erzählt Stromer. Im Mittelpunkt der Apfelmärkte stehen die alten Apfelsorten. Da wird genau unterschieden, welcher Apfel gleich zum Essen geeignet ist – wie Alkmene - , oder welchen man besser lagert, wie beispielsweise einen Boskoop oder eine Goldrenette. „Für die Bestimmung der Sorten braucht man eine Menge Erfahrung“, sagt Stromer. Er hat schon viel davon gesammelt, lernt aber selbst immer noch weiter dazu. Er lacht: „Ein Leben langt dafür gar nicht.“

120 Obstbäume hat alleine Familie Hornung. Natürlich tragen sie unterschiedlich, je nach Temperatur und Regen. Für Kirschen und Nüsse ist dieses Jahr eher ein schlechtes. Bei Äpfeln und Birnen sieht es hingegen ganz gut aus, beobachtet Hornung: „Wichtig ist doch die Dankbarkeit, die wir entwickeln und mitbringen müssen. Nach einem schlechten Jahr kommt auch wieder ein gutes. Und darauf freue ich mich.“

Nicht jeder Apfel ist gleich groß, nicht jede Apfelsorte schmeckt jedes Jahr gleich. Die Besucher der Apfelmärkte wissen das. Und viele von ihnen sind zu dauerhaften Kunden geworden. Sie rufen an, wenn sie in der Nähe sind oder kommen extra vorbei und kaufen kleinere Mengen. Äpfel und Kartoffeln lagern in den Kellern in Kümmel noch wie früher. Sie bleiben auch ganz ohne Folie und Klimaanlage frisch. Jeder auf seine Art, der eine etwas besser, der andere etwas weniger gut – fast wie bei den Menschen.

Tipp


Der Kreisverband für Gartenbau und Landespflege hat das „Lichtenfelser Apfelposter“ herausgegeben mit den gängigsten 45 Apfel- und zehn Birnensorten. Das Plakat ist in der Umweltstation Weismain erhältlich. Telefon: 0 95 75 / 92 14 55. E-Mail: umweltstation@landkreis-lichtenfels.de

Bildmaterial © Michael Stromer, Tim Birkner

Tim Birkner
Tim Birkner

Tim Birkner lebt und arbeitet als freier Journalist und Tonmeister in Lichtenfels. Die Geschichten und Momente, die Menschen prägen, möchte er in Wort, Bild und Ton festhalten.